Dorfpolitik


Wozu braucht es in Arlesheim die Grünliberalen? Das fragen sich dieser Tage die geneigten Beobachter des ach so grossen und vielfältigen Arlesheimer Poliuniversums. Ganz einfach: Die wollen in der Dorfpolitik gar nicht mehr als ein Nonvaleur sein, anders kann man das gar nicht verstehen. Sie können aber zum Zünglein an der Waage bei den Landratswahlen werden. Zurzeit scheinen sie ja überall, wo sie auftauchen, einen Startbonus (golden Handshake nennt man das in der Wirtschaft)  zu haben. In Basel-Stadt schafften sie auch aus dem Stand den Sprung in den Grossen Rat. Im Baselbiet soll sich die Geschichte wiederholen. Mit ihrer Identität in Abgrenzung zu Freisinn und Grünen, eine eigenartige ich bin weder-noch, darum bin ich Ontologie, haben sie das nötige Potential dazu. Das zeigt sich zum Beispiel bei der Muttenzer Deponie-Debatte. Es gibt vermutlich genug Liberale, die in dieser Frage ein bisschen Grün sind. Erstaunlich, dass sie sich hierzu noch nicht geäussert haben. Aber es sei ihnen verziehen. Schliesslich steckt man ja noch in den Windeln. Da sollten sich das liberale Original aber in Acht nehmen.

Langer Rede kurzer Sinn: Jetzt müssen sich die Parteien in die Startlöcher für die Landratswahlen begeben, weshalb die Grünliberalen ein möglichst dichtes Netz an Ortsektionen im Kanton brauchen. End of Story. Darum gibt es von ihnen auch keine Website. Das hätte eine Partei, die sich heute in diesem Dorf Ernst nehmen will gehabt, bevor sie im Sternen auf ihre Gründung getrunken hat. Sie hat eine, man muss sie nur finden.

Weil die Steuerhinterzieher in Arlese noch ein Gewissen haben, prasselten gerade satte 4,5 Millionen Steuerfränkli ins den Gemeindesäckel. Nun, was tun mit so viel Zaster? Das haben sich unlängst ein paar Mitglieder der Gemeindekommission überlegt. Die FDP. Die Liberalen. hätten beinahe die SP vor den Kopf gestossen. Bar auf die Kralle hätten sie es verteilen wollen. Fair. Jeder erhält gleich viel. Sogar Kinder hätten vom Segen profitieren sollen. Oder Einkaufsgutscheine im Gegenwert der Pro-Kopf-Pauschale für das lokale Gewerbe. Die Idee hätte vom AGIV stammen können. Letztlich mussten sich der Freisinn aber auf sein Klientel besinnen. Dass die Armen genauso wie die Reichen profitieren sollten, das gehe dann eben schon gar nicht. Darum ist ein Steuerrabatt auf einen Satz X (der ist noch ganz geheim) eben schon gerechter.

Wer weiss, vielleicht landet an der nächsten GV trotzdem ein Antrag der Sozial-Liberalen Partei Arlesheims auf dem Tisch. Bargeld für alle! Vorzugsweise zu investieren in Arlesheim. Das wäre doch einmal ein Schritt. Nachbarschaftshilfe wäre aber auch denkbar. Da hätten wir einen Vorschlag für die SP parat. Die Gemeinden Münchenstein und Reinach werden an den Kosten für das morgige Polizeiaufgebot und die anschliessenden Reinigungskosten schwer zu beissen haben. Wie wäre es, den Überschuss dorthin zu spenden? Den armen Mönchsdörlern und Reinachern droht sonst am Ende eine einmalige Steuererhöhung.

Am Frühlingsmarkt trafen sich ein paar Blogger und beklagten sich fürchterlich darüber, dass im Dorf nichts von ausreichender Bedeutung los sei und so die Einträge immer seltener und die Clicks immer weniger werden. Ach nein. Der Markt selbst zum Beispiel, Quell so vieler Geschichten, die irgendwann ihren Eingang in die virtuellen oder auch gedruckten Chroniken des Dorfes finden. Warum so schwülstig? Am Samstag war es wieder so weit, zum 30. Mal jährte sich das bunte Treiben (So könnte es im Wochenblatt stehen, wo jetzt auch die Frischluft ihren Auftritt hatte). Kaiserwetter tralala! Die Geschichte des Marktes ist aber mehr als Sonnenschein und ein paar glatte Stände. Anfangen tut sie mit der freisinnigen Widerstandsbewegung gegen das Migros-Einkaufszentrum im Tal im Jahre des Herrn 1980. Dort, wo heute die „heilige Schappe“ steht. Gar nicht auszudenken, was wäre, wenn dort heute kein lässiges Wohnquartier stünde! Rädelsführerin dieser konterrevolutionären Bewegung war übrigens Nicole Burkhardt. Damals war die Welt noch in Ordnung und fest in den Händen des Freisinns. Ja, die Spontis von damals. Auf jeden Fall. Zurück ins Dorf, Einkaufen, wo man zu Hause ist, oder so ähnlich. Der Widerstand gegen das moderne Konsumverhalten des urbanen Peripheriemenschen, wie es vielen anderen Gemeinden praktiziert wird, die ihre Ursprünglichkeit zugunsten eines Migros-Paradies amputieren liessen, liess einen Frühlingsmarkt entstehen. Wie retro. Aber eben charmant. Die Revolution ist manchmal ganz konservativ, wenn der scheinbare Fortschritt am Ende vom Dorfleben nichts mehr übrig lässt. Ein Schwatz in der Gartenstadt ist eben wirklich nicht das gleiche. Schön, dass Arlese schon vor 30 Jahren eine Wischn hatte.

Ach ja, am Märt wurde auch Politik gemacht. Wie soll es auch anders sein, da wir jetzt wissen, dass der Märt ja per se ein politisches Manifest für Freilufthandel und gegen in Beton gefangene  Märkte ist. Schrankenwärter Braun sammelt eifrig Unterschriften, damit der Kanton endlich Poller auf den Gehsteig baut, damit die Kinder nicht…

Schon bemerkt? Das Wochenblatt ist zum rechten Kampfblatt geworden. Da stehen nur noch Geschichten über liberale Majorz-Ideen, freisinnige Schulräte, christdemokratische Schrankenwärter, es will gar nicht aufhören. Wo sind die Linken, die Netten und Grünen geblieben? Ja, das darf man sich fragen. So wie sich das auch schon ein eher linker Würdenträger vom Domplatz leicht verärgert gefragt hat. Eine aufwändige Recherche hat dann ergeben: Sie schlafen. Am Winter könnte es gelegen haben, der ist aber mittlerweile vorbei, somit sind Ähnlichkeiten zu Nahrung bunkernden Zeitgenossen aus dem Reich der Natur ausgeschlossen. Wir scheinen es hier mit einer ganz anderen Spezies zu tun zu haben. Nämlich der Gattung Politiker, die ihre „Ruhezeit“ zwischen den Wahlen haben. Stimmt doch gar nicht, dürften die angesprochenen hier einwenden. Natürlich tut ihr was. Nur was? Dann und wann ein Filmabend, Abstimmungsparolenverbreitung, Gewerberundgang im Tal, erwähnt mal eine Vernehmlassung zu einem „Strategiepapier Arlesheim“, ohne konkret zu werden, das ist eben nicht genug.

Setzt euch in Szene! Das Strategiepapier Arlesheim der Frischluft wäre einen Aufhänger wert, würde es als gute Idee verkauft und nicht als Parteiinterna versanden. Politik ist ein Geschäft, in dem es weniger um den Inhalt, als seine Inszenierung geht. Das haben FDP und CVP eben begriffen. Man redet über sie. Frank Braun kennt jetzt jeder, den Stücki auch, den Eigenmann, die Messmer, die Heydebrand. Die Parteien leben vom Engagement ihrer Mitglieder, die Themen lancieren und bisweilen effekthascherisch umsetzen. Und zwar proaktiv. Warum werden Majorz-Wahlen zum Thema? Wie wird aus einer Bahnschranke ein Politikum? Weil auch zwischen den Wahlen Wahlkampf ist. Da muss man immer im Gespräch bleiben und die Medien sind noch so nett und sind froh um Themen, damit sie nicht schon wieder so ein seichtes Feature bringen müssen. Das könnte auch ein Leugger, eine Laager, eine Spengler, ein Vetter oder ein Scheuner. Themen gibt es. Handyantennen? Ihr könnt auch bei Nachbargemeinden abkucken gehen. Recycling funktioniert auch mit Ideen.

Damit hat die Frischluft vemutlich nicht gerechnet. Der bürgerliche Kandidat Markus Eigenmann hat das Rennen gemacht und wurde gestern mit sehr respektablen 1’139 Stimmen in den Schulrat gewählt. Warum hat die Frischluft damit nicht gerechnet? In diesem Wahlkampf ging es viel weniger um den Schulrat, als um das Kräftemessen zwischen dem bürgerlichen Lager und der Frischluft. Die Frischluft hatte einen Stitz zu verteidigen, die FDP einen zu erobern.  Das grünliberale Lager um Miller Lanz wusste wohl um die symbolische Bedeutung eines solchen Wahlkampfs. Darum liess man von vornherein nichts anbrennen und liess sich die Plakate von einer Werbeagentur gestalten und lancierte das Werbe-Wettrüsten. Überraschendes dann schon im ersten Wahlgang: Eigenmann gewinnt knapp, verpasst aber das absolute Mehr. Im zweiten Wahlgang scheint das Rennen deshalb noch offen. Beide Lager müssen mobilisieren. Die Frischluft glaubte wohl von Beginn weg, dass ihre Strategie aufgehen würde und die Bürgerlichen am Ende des Tages doch keine Mehrheit im Dorf repräsentieren. Irrtum! Das Comeback der FDP ist gelungen. Eine Vertretung im Schulrat steht der Partei, gemessen an ihrem Elektorat, sowieso zu. Das war aber nicht ausschlaggebend. Wichtiger war: Eigenmann hat immer klar kommuniziert, wirkte nicht inszeniert und daher auch immer glaubwürdig. Vielleicht kam die Kampagne, das Foto, die Gestaltung etwas hölzern daher, aber das macht nichts. Bescheidenheit führt auch zum Erfolg. Da hat sich die Frischluft nun die Finger verbrannt und die Wahlkampfstrategie den falschen Händen übertragen. Hinzu kommt, dass sie ihre Altlasten im Schulrat nach dem Rücktritt Ramseiers und den Fehlern in der Behandlung des Falls Alan Müller unterschätzt hat.

Hut ab Radio DRS. Hier hören. Mehr gibt es dazu gar nicht mehr zu sagen.

Im Tal findet derzeit eine lebhafte Debatte statt über das von der Gemeinde gewünschte Durchgangszentrum für Asylbewerber. In den Medien findet daräber derzeit eine lebhafte Polemik statt. Die Debatte ist der Sache dienlich, die Anwohner sollen sich mit ihren Sorgen, Ängsten und Fragen auseinandersetzen und die Gemeinde sollte ihnen dabei zuhören. Das passiert auch medial, drüben bei Balz, der aus dem Epizentrum der Ereignisse, der Schappe im Tal, bloggt. Das ist aber leider die Ausnahme. Die traditionelle Medienlandschaft hat in den vergangenen Tagen damit begonnen Ängste zu konstruieren und diese auszuschlachten. Den vorläufigen Tiefpunkt dieser etwas seltsamen Art von bürgernahmen Journalismus markierte der heutige 7vor7 Beitrag im Lokalsender. „Wer hat Angst vor Dealern“, wird das Publikum gefragt. Welche Erwartungshaltung sich daraus an die Berichterstattung ableitet, muss wohl nicht näher erläutert werden. Dass dann ausgerechnet die Person die meiste Sendezeit im Beitrag erhält, welche die meisten Vorurteile verbreitet, unterstreicht den tendenziösen Charakter dieses Stücks. Sicher, die Geschichte von Ramlinsburg muss unbedingt wiederholt werden. Müsste sie das tatsächlich, könnte das Lokalfernsehen einfach den alten Beitrag in die Wiederholungsschlaufe schicken. Sorry, hier haben die Medien versagt. Auch die Baz, wenngleich weniger drastisch.

Der Debatte die im Tal stattfindet ist das alles andere als dienlich. Zumal es dort vor allem um das Vorgehen der Gemeinde in dieser Angelegenheit geht und viel weniger um das Durchgangszentrum als solches. Und die Talbewohner, die drauflos heulen, dass die Asylbewerber die Kriminalität ins Tal bringen würden, sollten zuerst vor ihrer eigenen, jetzigen Realität nicht die Augen verschliessen. Die Dealer sind bereits am Stollenrain angekommen. Ganz ohne Durchgangszentrum. Aber man darf auch die Augen verschliessen. Und solange die Schlagzeilen nur mit stereotypisiertem Blödsinn über Asylbewerber gespiesen werden, ist das alles eh Wurst.

Also bitte, nehmt euch ein bisschen zusammen.

Das Schulrätseln ist wieder ausgebrochen. Die Kandidaten Eigenmann und Lanz lachen von den Litfassäulen und es fällt auf, die Bürgerlichen haben für den zweiten Wahlgang in die PR-Trickkiste gegriffen. Nur, bringt’s das überhaupt? Eine Blick ins Wochenblatt genügt eigentlich, um rauszufinden, wie sich die Wähler leiten lassen. Die glauben nämlich, sie wählen einen Lehrer oder eine Lehrerin. Fräulein Lanz hat halt diesen Primarschullehrerinnenlook, während Dr. Eigenmann eher wie ein Physik- oder Mathelehrer für Gymnasiasten aussieht. Das macht aber nix. Wenn die Bürgerlichen im zweiten Wahlgang ihr Klientel geschlossen mobilisieren können, hätte man sich den ganzen PR-Salat sparen können, dann reicht’s nämlich sowieso. Wenn nicht, dann weiss man: Bei Schulratswahlen tun die Wähler so, als ob sie das Lehrpersonal ihrer Kleinkinder wählen dürfen.

Die Pflichten der Behörde werden erst dann wieder wichtig, wenn sie Scheisse gebaut hat. Bis dahin müssen alle einfach ganz lieb aussehen, wegen den Kindern.

Und Arlesheim ist jetzt auch Mitglied bei Metrobasel. Das Kostet CHF 6000.- im Jahr.

Über die Energiestadt Arlese wollte ich schon lange etwas schreiben. Jetzt, in der Energieaufwändigsten Jahreszeit, scheint die Zeit gekommen. Die Energiestadt-Veloständer wollen wir gar nicht erst erwähnen. Viel eher die isländische Marotte, die einem wohlbekannten Herrn in einer Neubauvilla am Rebberg bewilligt wurde. Die bodengeheizte Strasse. Ist das energiestadttauglich? Es ist sicher geil, weil der erfolgreiche Detailhändler damit das Mikroklima auf seinem Grundstück verbessern kann (Klimaerwärmung, mehr Niederschlag für seine Pflanzen, etc). Seine Idee ist gar nicht so schlecht, auch wenn der an dieser Stelle wohlwollend erwähnte Informant timstruppi dahinter eher auf Energiesparmodus geschaltete Kommissionshirne vermutet. Schliesslich verfügt Arlese nur über einen eingeschränkten Winderdienst und es ist bemüssigend, dass die tapferen Werkhofmitarbeitenden immer zuerst den Bonzenhügel mit seinen steilen Gassen freisalzen müssen. Der Herr mit der isländischen Marotte hat sich eigentlich einen Orden verdient. Seine Eigeninitiative soll hier als leuchtendes Beispiel für alle anderen – mit steilen Zufahrten gesegneten – Hauseigentümer Arlesheims geadelt werden! Auch wenn es nicht gerade energieeffizient ist. Aber die Dörroffensive des Gemeinderats war das noch viel weniger und hier erbringt der Energiesünder wenigstens einen Mehrwert für die Allgemeinheit.

Die Schranke ist ein Medienhype geworden. Zuerst das WoBla, dann vergangenen Mittwoch die BZ und nun heute die BaZ. Alle haben die gleiche Geschichte geschrieben. Beinahetragödie verhinderbar, Schranke muss her, CVP will sie schon lange, die anderen sind die Bösen (arg verkürzt, schon klar). Warum schreiben sich alle ab und tun so, als wären sie die ersten, was im Falle des WoBla tatsächlich so war? Die unglaublich banale Auflösung: Die CVP verschickt ein Medienbulletin nach Erscheinen des ersten Artikels, was dem nächsten Medium erlaubt die Geschichte aufzukochen, ohne dabei das zuerst gewesene Medium zu erwähnen. Eine Woche später verschickt das nervös gewordene Tiefbauamt eine Medienmitteilung, worin sie stolz verkünden, dass die Schranke Baselstrasse/Birseckstrasse jetzt beim Bundesamt für Verkehr gelandet ist, soundsoviel früher als das bei normal priorisierten Projekten der Fall ist. Die BaZ springt jetzt auch auf den Zug auf und hilft gleichzeitig der Verkehrskommission und dem Tiefbauamt ihr Gewissen rein zu waschen.

Wow! Drei Mal die gleiche Story innert acht Tage. Besser hätte es selbst Manfred nicht hingekriegt für die CVP.

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